…hat was von Weltuntergang. Ohne der Stadt zu nahe treten zu wollen, ist ja auch nicht ganz fair, im Morgengrauen einzurollen, auf dem Weg nach Berlin, mit Kaffeedurst und ein bisschen Hunger, allerdings nicht auf irgendwas, man braucht ja nicht viel zum Morgen-Glück, aber Barer 61 Niveau sollte es schon sein. Eine gefühlte Ewigkeit lang rollt man von der Autobahnausfahrt her an Plattenbauten vorbei, ein Wald aus Beton oder etwas, das so aussieht und in Dunkelgelb oder Schlüpfer-Rosé oder Lindgrün auch nicht freundlicher wird. Wo Paradies draufsteht, kann nichts wirklich Schlimmes drin sein, denkt man und parkt gegenüber vom Intercity Bahnhof, eine anheimelnd leuchtende Passage lockt ins Warme, man erwartet nicht Starbucks, aber Kaffee wird es doch wohl geben. Gibt es auch, wenn man lange genug sucht. Wurst im Glas findet man leichter und in deutlich mehr Variationen als Kaffeespezialitäten, frühmorgens in Jena. Aber da ist diese Eisdiele, mit einem bisschen gutem Willen könnte man sogar Italiener dazu sagen, da putzt der Chef, die Aushilfe packt frische Erdbeeren aus, bingo, hier kann man bleiben. Man setzt sich vor die zugige Scheibe, niemand sonst hat sich um diese Zeit hierher verirrt und Zeitung spart man sich, denn dafür müsste man extra nochmal los, bestellt Sportlerfrühstück und Obstsalat mit Joghurt, zweimal Cappuccino und zweimal Orangensaft dazu, macht unmissverständlich klar, dass es eilt, man muss ja noch weiter nach Berlin. Eine kleine Ewigkeit später kommt Cappuccino, wenigstens etwas, das so tut als ob, dass Filterkaffee drunter ist oder dünne Espressoplörre, stört nicht weiter, ist etwas Warmes, mehr will man ja gar nicht. Das Essen beeindruckt allein durch die Größe: Der Fruchtsalat platzt aus allen Nähten, Joghurt wabert über den Tellerrand, der Wirt hat nochmal nachgefragt, ob der Preis auch ok ist, sehr freundlich, danke. Cappuccino runtergestürzt und auf die Schnelle soviel Ananas gegessen wie in der Karibik nicht. 10 Euro will er am Ende für alles haben, das ist nicht zuviel, zumal, wie der Padrone betont, mit Liebe gemacht. Wo der Orangensaft blieb, fragt man erst sich und dann den Chef, denn den hätte man sich doch noch gewünscht, zu der Herrlichkeit. Ich dachte, das wär zuviel, meint er. Von der Bestellung gestrichen, ohne mit der Wimper zu zucken. Schön, dass die Süddeutsche, die man sich danach noch leistet für das Ersparte, vom Wochenende ist, wo doch sicher noch ein paar vom Freitag rumlagen, die weg müssen.
Frühstücken in Jena
16 Samstag Jan 2010
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Johannes Baader sagte:
Ich habe gerade einen Betrag zu Ihrem neuen Buch im Deutschlandfunk verfolgt und dabei von Ihrem verpatzten Besuch in Jena gehört. Sie haben wirklich Pech gehabt. Der Ort, den Sie beschreiben, ist wirklich nicht die richtige Wahl. Ich kenne Jena mit allen Gassen und Winkeln und glaube, dass Sie es gar nicht bis zum Stadtkern geschafft haben. Der Aufenthalt wird sicher nicht sehr lang gewesen sein. Nun würde ich zur Ehrenrettung von Jena und seiner Frühstückskultur gerne eine Adresse nennen, die sich wirklich rentiert. Klar gibt es in Berlin mehr Möglichkeiten. Ich selber war noch nie in Berlin (muss ich zu meiner Schande gestehen) und kann daher keinen Vergleich ziehen, allerdings hab ich in meinem bisherigen Leben noch nirgends so gut gefrühstückt wie im „Cafe Stielbruch“ in der Wagnergasse in Jena. Ein wunderschönes uraltes Reihenhaus mit unglaublichem Flair, drei Etagen die jeweils nur ca. 30 qm haben, schmale Treppen, alte Weinschränke, viel Holz usw…. Dort ist, im Gegensatz zu Berlin noch viel alte Bausubstans und dementsprechend wunderschöne verwinkelte Gebäude vorhanden. Die Wagnergasse ist eine Fusgängerzone im alten Stadtkern in Jena in der nur Kneipen und Cafe´s sind. Sehr empfehlenswert sind dort auch das „Boheme“ oder das „Gatto Bello“. Allerdings nur wenn im Stielbruch nichts mehr frei ist, was häufig der Fall ist. Gerne würde ich Sie dahin einladen, wenn es der Zufall mal will das wir beide in Jena sind.
Beste Grüße, Johannes Baader